Bilder und Gedanken
" Trostmantel"- Vorstellung in der Ev. Stadtkirche in Lünen
am 11.06.23
Die Künstlerin, Frau Astrid J. Eichin aus Lörrach, in der Passionszeit hier in der Ev. Stadtkirche St. Georg, eine interessante Ausstellung Ihrer Schutzmäntel.
Angeregt durch diese sehr ansprechende Aktion, kam bei einigen Mitarbeitenden des Ambulanten Hospizes der Wunsch auf, etwas Ähnliches zu schaffen.
Mit Einverständnis von Frau Eichin haben wir uns ans Werk gemacht und ihre Idee, für unseren Verein für einen TROSTMANTEL übernommen.
Wir hatten den Wunsch einen TROSTMANTEL zu entwickeln, der die Gedanken von Trauer, Verlust, Enttäuschung eventuell etwas mildern oder gar wandeln kann.
Das Material des Mantels ist Leinen und wurde in der, von Frau Eichin bevorzugten Form genäht. Wir haben ihn mit bunten Streifen - beginnend mit dunklen Farben von außen nach innen zu den hellen Farben verlaufend -
gestaltet.
Unser Gedanke war, so etwas wie Flügel darzustellen, die die Betrachter*innen mit einer Umarmung umfangen können.
Dazwischen schweben ausgestanzte filigrane Schmetterlinge.
Der Schmetterling steht für die Metamorphose. In vielen Kulturen und Religionen ein Sinnbild für die Auferstehung und Wiedergeburt.
Der Schmetterling soll dabei helfen, die Flügel auszubreiten und Lasten abzuwerfen. Er soll daran erinnern, in Leichtigkeit und Freude zu gehen.
Schranken können überwunden werden, alles kann möglich sein. Aus dem Dunkel wieder ins Licht zu finden. Aus schweren Zeiten lernen und gestärkt daraus hervorzugehen.
Textvorlage: Barbara Wiemann, Ehrenamtliche, Mitglied der AG-Schutzmantel
Hier Impressionen der Arbeitsgruppe des Ambulanten Hospizes, die den Trostmantel entwickelt und gestaltet haben:
Foto links: von re.n.li.:Kornelia Schönbeck, Barbara Wiemann, Heike Möllmann, Florian Apostel
Gedicht von Carola Moosbach
ZWISCHENMUT
Leben will ich mein Leben leben
Auch wenn so einiges fehlt darin
Auch wenn ich nicht weiß was noch kommen wird
Auch wenn es weh tut sehr weh manchmal
Will ich es trotzdem leben
Nicht länger auf bessere Tage warten
Nicht einfach nur die Zeit totschlagen
Leben will ich mein Leben leben
Üben will ich das Ja und nicht verlernen das Nein
Mut fassen will ich und Glück atmen manchmal
Dieser Text wurde beim Gruppentreffen am 11.April 2023 verlesen:
„Unser wahrer Feind ist nicht in anderen zu finden, sondern in unserer eigenen Furcht, Angst und Sorge, unserem Zorn, unserer Gier, unserer Unwissenheit und unserem Hass. Krieg wird durch dualistisches und diskriminierendes Denken ermöglicht und durch die Vorstellung, dass wir nur dann Frieden und Sicherheit haben können, wenn wir unseren sogenannten Feind ausschalten. Aber Hass kann niemals den Hass auflösen. Nur Verständnis und Liebe können den Hass überwinden.“
von Thich Nhat Hanh
Nachruf - Harro Thieme
Liebesgedicht,
das den Empfänger nicht mehr erreichen kann
Auch wenn du
von mir gegangen bist,
bin ich verpflichtet
gut zu leben.
Verpflichtet mir
und vor allem dir,
denn du würdest
es hassen
und mich beschimpfen,
wäre mein Leben dunkel
und nicht mehr lebenswert.
( Kristiane Allert-Wybranietz)
Ein Gedicht zur Trauer kam `zu Wort´:
Gezeiten
die schwere
kommt immer
noch leicht
kommt sie
immer wieder
kommt sie
unaufhaltsam
gleicht sie
atlantischen Wellen
gewaltig
brechend
auslaufend
wiegend
von Heike Molitor
Hospiz macht Schule
Am 11.Oktober feierten die
Kinder der Klasse 4a einen guten Abschluss der Projektwoche in der Elisabeth-Schule in Brambauer.
Zusammen mit Eltern, Familienangehörigen, der Lehrerin und der Schulleitung sowie den ehrenamtlichen Mitarbeiter/ innen, präsentierten sie die Ergebnisse der Arbeit der vergangenen Woche.
„Schade, dass wir heute schon aufhören müssen“, war die Reaktion der Klasse,
auch wenn in den fünf Tagen nicht nur gelacht, sondern auch mal geweint wurde.
Der Lastentanz mit Trommeln machte den Kindern sehr viel Spaß und signalisierte, dass auch unter schwierigen Verhältnissen das Ziel erreicht werden kann.
Teilnehmer der Gruppe waren: Frau Borchert, Frau Gräf, Herr Nobel, Frau Schönbeck und Frau Möllmann.
Text: A. Reher
Unser Lebensbaum
Künstlerische Gestaltung von Frau Jana Trobsch.
Wir möchten mit unserem Baum den Lauf der Natur und des Lebens erfassen.
Gleichzeitig stellt er unseren Ambulanten Hospiz e. V. als Sinnbild mit unseren Aufgaben
dar.
Das Leben ist wie ein Baum. Über die Jahre wachsend, stark und knorrig werdend an dem, was das Schicksal zu geben hat. Leider manchmal auch zerbrechend bevor der Kreislauf des Lebens sich schließt.
Der Stamm stellt die entschlossenen Gründerfrauen, die sich mit viel Empathie im Sinne der hospizlichen Bewegung vor über 22 Jahren auf den Weg gemacht haben, um diesen Verein zu gründen, dar. Wir bedanken uns bei Frau Cäcilia Ebel, Frau Elvine Goebbel, Frau Ulla Knappmann, Frau Dr. Irmlind Plum, Frau Irene Schmidt, Frau Dr. Agnes Gottesbüren, Frau Ursula Georg, Frau Mechthild Kallnowski .
Aufgrund ihrer Idee und ihres Einsatzes konnte sich dieser kräftige Stamm entwickeln.
Die erste Abzweigung stellt das Erwachen des Lebens dar, kräftige kleine Zweige und Blüten läuten mit ihrer Schönheit und ihrem Duft das Frühjahr ein. In der Kindheit zart, frisch und hübsch, wie die ersten Knospen und Blätter. Schnell und ungeduldig wachsend, alles neugierig aufsaugend und auch sehr empfindlich und leicht zu zerstöre. In der Jugend stärker und voller Saft und Kraft.
Hier ordnen wir das Projekt “Hospiz macht Schule „ein.
Die zweite Abzweigung zeigt uns den Sommer, er trägt stolz sein grünes Dach und spendet uns sein erfrischendes Leben.
Im reifen Erwachsenenalter vielfältig und bunt mit allen Erfahrungen, in sich ruhend und stark wie in der Jugend, auch mit der ersten Gewissheit von Vergänglichkeit, Verlusten und Davon- gewehten- Träumen.
Wir ordnen ihm die Sterbebegleitung zu.
Die Ehrenamtlichen betreuen und begleiten den Menschen respektvoll und engagiert im letzten Lebensabschnitt.
Der dritte Zweig, der Herbst, lässt uns den Abschied des Lebens erkennen.
Im Alter dann die vergangene äußerliche Schönheit, Erfahrungen und Erinnerungen an ein ganzes Leben, stark und gut.
Wir nehmen ihn in unserer Aufgabe ins Trauercafé auf, Menschen besuchen diese Orte, um sich gemeinsam über den Verlust von geliebten Menschen zu trösten.
Der Winter, der vierte Ast, besitzt kein Laub mehr, er zeigt die feine, filigrane Gestalt, die Zerbrechlichkeit des Alters und den endlosen Kreislauf des Lebens. Innen jedoch voller Leben und furchtlos daran glaubend, dass nach der eisigen Hand des Todes wieder ein neues Leben beginnt. Zart und bunt und voller Lebensfreude.
Hier sehen wir die Einzeltrauerbegleitung, die Traurigkeit, die Zerbrechlichkeit des Individuums.
Gesäumt wird unser Baum mit den Bildern unserer Ehrenamtlichen. Durch ihre Bereitschaft auf Menschen zuzugehen, sie ein Stück des Weges zu begleiten, wird es möglich, diesen Baum zu beleben und dem Ambulanten Hospiz e. V. ein Gesicht zu geben.
Das Band
Als der Sommer verging
zerriss mir das Band
und die Perlen rollten ins Gras.
Doch die Traurigkeit existierte nicht lang,
denn ich fand sie wieder
wie funkelndes Glas-
als Beeren am Strauch
und Tropfen aus Tau,
als leuchtende Blüte im Sand.
Wie ein Gefühl,
dass einmal entglitt
und dass ich danach wiederfand,
in einer reiferen Form
mit anderen Tönen
und mit veränderten Farben.
Ich atme ein
mit meiner Haut
und akzeptiere die Wunden.
Verfasser unbekannt
Nepomuk erwachte aus seinem Katzenschlaf.
Im ganzen Haus war es totenstill.
Nur ein armer Mann betete immer. Nepomuk hörte ihn Tag und Nacht. Mimi ließ sich nicht davon stören, aber sie war ja auch zwei Jahre älter.
Wie immer hatte die ältere Katze seinen Napf leer gefressen. Allmählich wurde sie dicker und fauler. Müde gähnte der kleine Kater. Er streckte die Hinterläufe und setzte sich langsam in Bewegung. Er wurde gebraucht, das spürte er deutlich. Jemand rief nach ihm. ETWAS rief nach ihm. Ein Mensch, der nicht allein sein wollte. Nun musste er ihn nur noch finden. Ein Blick ins Esszimmer verriet dem Kater, dass dort gründlich gereinigt worden war. Kein Stückchen Fleisch lag unter dem Tisch. Dabei fütterte ihn die nette rothaarige Dame, deren Koffer nach Hunden roch, immer heimlich mit Leckereien. Leider würde sie nicht mehr lange da sein. Gestern hatte er bereits gehört, dass sie beim Aufstehen geächzt hatte. Sie fürchtete sich vor einem Infekt und stützte sich schwer auf den Rollator. Nepomuk mochte ihr Parfum nicht, aber sie war immer freundlich zu ihm. Genau wie die junge Mutter, obwohl ihr dummer Hund ihn manchmal durchs Haus jagte. Auch das kleine Mädchen besuchter er gern. Viel lieber als den alten Mann, der immer so grässlich nach Rauch stank.
Vor Herberts Tür blieb Nepomuk einen Moment lang stehen und rieb sich das Köpfchen am Türrahmen.
Wurde er hier gebraucht?
Nein.
Es wäre ein Leichtes gewesen, in Zimmer 12 zu schlüpfen. Schließlich war ein Handtuch um Herberts Türklinke gewickelt worden. Doch dieser Kranke rief nicht nach ihm. Nein, er wurde woanders gebraucht.
Ob die weißhaarige Dame sich mal wieder auf dem Sofa blicken lassen würde? Nepomuk hatte sie seit Ewigkeiten nicht mehr dort angetroffen. Egal, auch sie würde heute Nacht ohne ihn klar kommen.
Treppauf und treppab lief der kleine Kater. Sein Spaziergang führte ihn zum Zimmer der gelben Dame, die nachts manchmal mit Männer lachte.
Er trippelte weiter. Er besuchte den jungen Förster und den betenden Mann,der immer GOTT sagte – was immer das bedeuten mochte.
Auch diese beiden würden ohne ihn klar kommen.
War sein Ziel vielleicht das Zimmer der beiden Frauen, die nachts eng umschlungen einschliefen und deren Herzen im gleichen Takt schlugen?
Nein.
Oder der Raum des krummen Mädchens, das seit Wochen nicht mehr aufstand?
Auch nicht.
Vor Golo Gründlichs Tür blieb das Tier stehen und begann mit einer ausgiebigen Körperpflege. Ob er mal hineinschauen sollte? Nepomuk war misstrauisch, aber auch ein bisschen verängstigt. Er fürchtet sich vor der lauten Frau, die oft am Bett des müden Mannes saß und schreckliche Dinge zu ihm sagten, die sie aber nie so meinte. Er, das kleine Katerchen, hörte genau, wie laut ihr Herz vor Angst und aus Liebe schlug. Der Mann wusste das auch. Er brauchte heute keine Gesellschaft. Also ließ Nepomuk ihn weiterschlafen.
Schließlich führte ihn sein Instinkt zum richtigen Ort. Schnurr, da war es - Zimmer 1. Drinnen rief etwas nach ihm.
Und er schlüpfte hinein.
Omi nannten die Menschen die Dame.
Hier wohnte die Frau, die so gerne essen wollte, aber keinen Bissen mehr schaffte. Nepomuk warf einen neugierigen Blick auf einen Teller, den Omi beim Aufwachen sehen wollte.
Darauf lag ein kaltes Hühnchen.
Der Kater schnurrte und naschte ein wenig.
Er ging langsam auf das Bett zu.
Wie sanft die dünne Dame schlief.
Wie schön sie dabei lächelte.
Wie gelb sie aussah und wie klein – während sich in ihrem Kopf bedeutungsvolle Dinge ereigneten.
Wie rasch sich ihre Brust hob und senkte.
Wie leicht ihr Mund geöffnet war.
Wie schön dass sie kein Kunsthaar mehr trug.
Sie würde ihn nicht beim Schlafen stören.
Gekonnt sprang der Kater über das Bettgitter.
Er legte sich neben Omis Kopf. Das war der schönste Platz. Er streckte seine kleine Zunge aus und leckte der Frau einmal über die Stelle, wo früher Haare gewesen waren. Diese Berührungen und Nepomuks warmer Körper vertrieben Omis Angst.
Alle Menschen konnten schlafen, wenn ein kleiner Kater da war. Sein Schnurren machte sie glücklich. Er würde Omi, die sich so sehr nach Liebe sehnte, nicht allein lassen.
Er würde niemanden allein lassen.
aus dem Buch „ die Flockenleserin“ von Mike Powelz
Gedicht
Rudern zwei ein Boot, der eine kundig der Sterne,
der andere kundig der Stürme,
wird der eine
führn durch die Sterne,
wird der andere
führn durch die Stürme,
und am Ende ganz am Ende
wird das Meer in der Erinnerung blau sein.
Reiner Kunze
Foto aus 4/19
Neuanfang! (Es ist nicht zu spät)
Ich führ ein Neuanfang!
Was soll ich tun?
Wenn ich so seh, ich kann den Wind nicht ändern - nur die Segel drehen.
Was tut gut? Was tut weh?
Es ist nicht zur früh, es ist nicht zu spät.
Veränderung braucht einen klaren Kopf.
Will mich nicht schämen für ein bisschen Glück.
Zieh klare Linien zwischen Bauch und Verstand.
Herzlich willkommen!
Ich bin nicht immun gegen Gegenwind,
doch ich lauf los.
All die schönen Erinnerungen - ich halt sie hoch!
Ich fühl mich ein Tag schwach, ein Tag wie neugeboren.
Ich will altes nicht bekämpfen - ich will neues formen.
Folge mein Ruf - träume von Wolken leicht.
Ich räum die Blüten aus dem Weg nutz die Gelegenheit.
Halt mich am Vorne fest - es fühlt sich wacklig an.
Herzlich willkommen,
Neuanfang! (Es ist nicht zu spät)
Ich führ ein Neuanfang!
Textausschnitte “Neuanfang“ von Clueso
Unsere Mitte vom Gruppentreffen am 14.03.2019 mit unserem Text:
An der Schwelle des Todes steht ein Tor, durch das jedes Leben unabänderlich schreitet, schreiten muss, freiwillig, unfreiwillig, friedlich oder gewaltsam. Eigentlich müsste nach den Gesetzen der Logik hinter dem Tor, auf einem großen Sammelplatz, der Strom der Toten sortiert und nach Gruppen geordnet werden. Denn glaubt man den Lehren der zahllosen Religionen und Jenseitsvorstellungen, muss der eine Tote dem Jenseitsreich von Allah, der andere dem des Jehova und der nächste dem Reich des Christengottes zugeordnet werden. Sorgfältig muss das geschehen, denn falsche Zuordnungen hätten fatale Folgen und eine Rücküberweisung beispielsweise vom jenseitigen Christenreich ins Jehovareich würde immensen administrativen Aufwand erfordern. Darüber hinaus müssen auch die Hindus sowie Buddhisten und Shintoisten den richtigen Jenseitseingang finden. Und was ist mit Rand- und Untergruppen der einzelnen Religionen, was wird mit den Atheisten und Agnostikern? Was wird mit den Zeitgenossen, die heute noch zu den Ruhestandsgöttern wie beispielsweise Wotan, Isis, Osiris, Zeus, Apoll und Mithras wollen? Und wo landen die Tiere?
Man merkt und spürt instinktiv, dass das Ganze in ein immenses logistisches Problem im Totenreich ausufert. Denn es ist nicht nur mit der richtigen Zuordnung getan, nein, denn innerhalb der einzelnen Jenseitsbereiche muss wiederum nach Gruppen sortiert werden. Die einen wandern in den Himmel, andere in die Hölle, die nächsten werden zur Wiedergeburt aufgefrischt und vorbereitet, andere wiederum marschieren zu den versprochenen 72 Jungfrauen, die selbstverständlich dann auch freudig erregt bereitliegen sollten; bei einer Märtyrerschwemme ist das immer ein großes Beschaffungsproblem! Die einzelnen Bereiche müssen auch langfristig verwaltet werden, denn wer seine Strafe im Fegefeuer abgebüßt hat, sollte auch umgehend in himmlische Bereiche umgesiedelt werden.
Am einfachsten hat man es mit den Tieren und Atheisten. Die Tiere, da seelenlos, wandern tutto completo direkt ins Nichts, bis auf die lokalen Ausnahmen, die vereinzelten Reinkarnationsbedarf abdecken müssen. Bei den Atheisten und gar Agnostikern müsste jedoch ein religionsübergreifendes Jenseitsgremium entscheiden, ob Verzeihung gewährt wird, ob Besserungshaft – sprich Fegefeuer – oder gleich die Pforte ins Nichts gewählt werden muss, also die gleiche Tür, durch die auch die Tiere gestoßen werden.
Die kurze Analyse der Management-Aufgabe im Totenreich zeigt augenfällig eine Problematik, die uns Diesseitigen in ihrer Tragweite meist unbekannt ist und die einer aufwendigen und komplexen Sytemsteuerung bedarf.
Es könnte natürlich aber auch sein, da die Natur klug und der Mensch im allgemeinen erheblich weniger Vernunft besitzt, als er von sich selber glaubt, dass die Probleme im Totenreich gar nicht existieren, weil das Totenreich eine Erfindung angstgeschüttelter Menschen ist, die sich mit ihrem Lebensende nicht abfinden können. Wir Nihilisten hingegen sehen mit dem Durchschreiten der Todespforte uns aller Probleme ledig, hinter uns liegend, denn der Tod ist für uns wie für jedes Lebewesen gleichermaßen der Schritt ins Nichts, der Weg in den unendlichen Frieden der leidensfreien Nichtexistenz, die Rückkehr in den sicheren Hafen der empfindungslosen Ewigkeit.
Gunter Bleibohm, Aphorismen
Unsere Mitte vom Gruppentreffen am 13.02.2019 mit unserem Text:
Ach!
Ach, noch in der letzten Stunde
werde ich verbindlich sein.
Klopft der Tod an meine Türe,
rufe ich geschwind: Herein!
Woran soll es gehn? Ans Sterben?
Hab ich zwar noch nie gemacht,
doch wir werd’n das Kind schon schaukeln —
na, das wäre ja gelacht!
Interessant so eine Sanduhr!
Ja, die halt ich gern mal fest.
Ach – und das ist Ihre Sense?
Und die gibt mir dann den Rest?
Wohin soll ich mich jetzt wenden?
Links? Von Ihnen aus gesehn?
Ach, von mir aus! Bis zur Grube?
Und wie soll es weitergehn?
Ja, die Uhr ist abgelaufen.
Wollen Sie die jetzt zurück?
Gibts die irgendwo zu kaufen?
Ein so ausgefall’nes Stück
Findet man nicht alle Tage,
womit ich nur sagen will
— ach! Ich soll hier nichts mehr sagen?
Geht in Ordnung! Bin schon
ROBERT GERNHARDT
Das war unsere Mitte vom Gruppentreffen am 15.01.2019 mit dem dazugehörigen Text.
Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste, es war eine sehr notwendige Arbeit.
Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: Bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter: Schritt – Atemzug – Besenstrich.
Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große Gedanken. Aber es waren Gedanken ohne Worte, Gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein bestimmter Duft, an den man sich nur gerade eben noch erinnert, oder wie eine Farbe, von der man geträumt hat. Nach der Arbeit, wenn er bei Momo saß, erklärte er ihr seine großen Gedanken. Und da sie auf ihre besondere Art zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte. „Siehst du, Momo“, sagte er dann zum Beispiel, „es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man.“
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: „Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen.“
Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: „Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten.“ Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: „Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: „Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste.“
Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: „Das ist wichtig.“
Aus dem Buch „Momo“ von Michael Ende
Zum Jahresabschluss 2018 brachte Gerd Kötter diesen Text mit:
Brückenbauen (Verf. unbekannt)
“Du hast einen schönen Beruf”, sagte das Kind zum Brückenbauer.
“Es muss schwer sein, Brücken zu bauen.”
“Wenn man es gelernt hat, ist es leicht”, sagte er.
“Es ist leicht Brücken aus Stahl und Beton zu bauen.
Die anderen Brücken sind viel schwieriger”, sagte er, “die baue ich aus Träumen”.
“Welche anderen Brücken?”, fragte das Kind.
Der alte Brückenbauer sah das Kind nachdenklich an. Er wusste nicht, ob das Kind es verstehen würde. Dann sagte er: “Ich möchte eine Brücke bauen, von der Gegenwart in die Zukunft! Ich möchte eine Brücke bauen, von einem Menschen zum anderen, von der Dunkelheit ins Licht, von der Traurigkeit zur Freude. Ich möchte eine Brücke bauen, von der Zeit in die Ewigkeit über alles Vergängliche hinweg.”
Das Kind hatte aufmerksam zugehört. Es hatte nicht alles verstanden, spürte aber, dass der alte Brückenbauer traurig war. Weil es ihn wieder froh machen wollte, sagte das Kind: “Ich schenke dir meine Brücke”.
Und das Kind malte für den Brückenbauer einen Regenbogen.
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Unsere Mitte beim Gruppentreffen im September wurde gestaltet von Frau Gräf und Frau Reher.
Frau Brigitte Borchert hat an der Erinnerungsfeier im Stat. Hospiz am Wallgang teilgenommen. Sie berichtet, dass Herr Gluche mit folgendender Geschichte die Anwesenden sehr berührt hat:
Herr Gerd Kötter hat folgenden Text am Gruppenabend vorgelesen:
SEGEN FÜR DIE TRAUER
(Dirk Grosser)
Möge dein Verlust eine Flamme in dir entzünden, in deren Licht du die Zerbrechlichkeit und die Zärtlichkeit des Lebens sehen kannst. Mögen deine Tränen zu flüssigen Spiegeln dieser Zärtlichkeit werden, die denjenigen, den du verloren hast, achtsam ehren. Möge deine Seele sich stets an die Bereicherung erinnern, die dieser Mensch, dieses Tier, dieses Aufscheinen einer ganz besonderen Facette des Kosmos dir geschenkt hat. Möge die Erinnerung dich mit Freude und Dankbarkeit segnen und die Zeitspanne, die euch gemeinsam vergönnt war, dich stets auf die Spur deiner Weisheit, deiner Liebe und deines Mitgefühls führen.
Eine Frau nach der Diagnose Brustkrebs, gestaltet von Angelika Lenzen:
Unser Mitte im März:
Das Sinnvolle unseres Zusammenlebens ist: einander zu helfen, einander Freude zu machen.
Theodor Hieck
- Herr Gerd Kötter hat zu Weihnachten diesen Text gefunden:
- Frau Anorte Reher ist auf folgende Zeilen des Trostes aufmerksam geworden:
so ist’s mein eigner Schmerz,
- und Tränen fließen und
erleichtern mir das Herz“
- Goethe
- Frau Rita Angerstein hat zur Erinnerung an Martin folgendes Gedicht von Mascha Kaleko vorgetragen:"Ein sogenannter schöner Tod"Eines Morgens wachst du auf und bist nicht mehr am Leben.
Über Nacht, wie Schnee und Frost, hat es sich begeben.
Aller Sorgen dieser Welt
Bist du nun enthoben.
Krankheit, Alter, Ruhm und Geld
Sind wie Wind zerstoben.
Friedlich sonnst du dich im Licht
Einer neuen Küste,Ohne Ehrgeiz, ohne Pflicht.
-Wenn man das nur wüsste!
- Frau Gudrun Schwiede brachte folgenden Text zum Gruppentreffen mit:
.
- Frau Barbara Klein hat die Mitte des letzten Gruppentreffen gestaltet:
- Gerd Kötter hat für den Jahresabschluss einen Text von Ulrich Schaffer ausgesucht:
- Isabella Karsten stellt uns folgende Worte von F. Bonhoeffer vor:
Sterben
Wir treten aus dem Schatten bald in ein helles Licht.
Wir treten durch den Vorhang vor Gottes Angesicht.
Wir legen ab die Bürde, das müde Erdenkleid;
sind fertig mit den Sorgen und mit dem letzten Leid.
Wir treten aus dem Dunkel nun in ein helles Licht.
Warum wir’s Sterben nennen? Ich weiß es nicht.
Dietrich Bonhoeffer
- Anorte Reher hat folgenden Text beim Hospiztag NRW in Münster entdeckt:
„Wer Bäume setzt,
obwohl er weiß, dass er niemals in ihrem Schatten sitzen wird,
hat zumindest angefangen,
den Sinn des Lebens zu begreifen.“
(Rabindranath Tagore)
- Brigitte Borchert macht uns mit folgendem Text bekannt:
Unsere Bank
Noch immer sitzt du hier
als würde sich dein Schatten
ausruhen
und durch mein Kommen
zum Leben erweckt werden
Alle Worte, Gedanken, Gefühle
warten auf mich
um durch deinen Zauber
lebendig zu werden
Täglich setze ich mich zu dir
schließe die Augen
sinke in deinen Schatten
und atme dich ein
Der Tod hat etwas endgültiges
aber hier an diesem Ort
bist du warm und wahr
für einen kurzen Augenblick
Otto Lenk
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- Gerd Kötter hat für den Jahresabschluss einen Text von Max Feigenwinter ausgesucht:
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- Folgenden Text hat Cäcilia Ebel für uns gefunden:
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- Anorte Reher hat folgendes Gedicht zur Einstimmung auf das Mitarbeiter-Wochenende mitgebracht:
Neujahrsgebet
Herr, setze dem Überfluss Grenzen
Und lasse die Grenzen überflüssig werden
Lasse die Leute kein falsches Geld machen,
aber auch das Geld keine falschen Leute.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort
Und erinnere die Ehemänner an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit
Und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere solche Beamten, Geschäfts- und Arbeitsleute, die wohl tätig,
aber nicht wohltätig sind.
Gib den Regierenden ein besseres Deutsch
Und den Deutschen eine bessere Regierung.
Herr, sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen,
aber nicht sofort.
Neujahrsgebet des Pfarrers von St. Lamberti, Münster (Westf.) Jahr 1883
Einen Vorsprung im
Leben
hat, wer da
anpackt,
wo die anderen
erst einmal
reden. John F. Kennedy
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- Herbstimpressionen von Isa Karsten
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Text unseres Gruppenabends am 08.09.2015:
Auf der Flucht
Langsam graut der Morgen,
die Nacht, sie will es so.
Du bist auf dem Weg ins Land der Freiheit irgendwo.
Es war ein schwerer Abschied,
doch war uns lang bewusst,
es kommt einmal der Tag,
an dem du weiterziehen musst.
Auch wenn ich jetzt traurig bin,
denke ich daran, was werden wir erst feiern,
wenn ich nachkomm irgendwann.
Viele gute Tage haben wir gesehen,
manche schwere Stunde mussten wir bestehen.
Es bleibt nur noch zu sagen,
es war 'ne schöne Zeit.
Hab dank und gute Reise,
bring dich in Sicherheit.
Langsam graut der Morgen,
der Tag, er will es so.
Du bist auf dem Weg ins Land der Träume irgendwo